Entlaufen am 17.02.2021
Gesichert am 21.02.2021
Tanja Axmann berichtet auf Facebook:
Hier die Geschichte von Zayan, einem kroatischen Ausbrecherkönig der besonderen Art, welcher mit allen Wassern gewaschen war und uns vier Tage und Nächte in Atem hielt.
Sorry, ich habe versucht mich mit meinem Bericht so kurz zu wie möglich zu halten, aber der Ausbruchversuch von Clint Eastwood im Film „Flucht aus Alcatraz“ hätte fast nicht spannender sein können ????
Zayan war erst kurz in Deutschland und befand sich zur weiteren Vermittlung noch in Einzelhaft.
Vorbildlich und mit zusätzlicher Sicherung bekam er an einem Mittwochmorgen Freigang im hoch umzäunten Außenbereich.
Dort schaffte es, der gerade mal 38cm hohe Zwerg sich innerhalb von Sekunden aus seiner Sicherung zu befreien und kletterte wie ein Profi über einen zwei Meter hohen Zaun aus massiven Doppelstabmatten.
Weg war er….. ??
Als ich später selber vor diesem Zaun stand, musste ich mit dem Kopf schütteln, dass er das geschafft hat, aber diese Kletterkünste wird er uns später noch einmal unter Beweis stellen.
Verena und Manuel, mein Helferteam in Bühl, wurden sofort mit dem Auftrag betraut ?
Gleich fuhren sie an den 11km entfernten Entlaufort um dort zwei Livekameras, die ich vorsorglich bei ihnen in Bühl stationiert hatte ?, zu montieren.
Sie richteten eine Futterstelle in seiner „Zelle“ ein und zogen weitläufig Leberwurstschleppen, um ihm den Weg zu zeigen.
Jetzt hieß es abwarten und alle weiteren Schritte wie Flyer, Behörden informieren usw. liefen an.
Den Kopf noch damit voll, las ich auf einmal am späten Abend in Facebook die Schreckensmeldung „Hund auf der Autobahn A5 bei Bühl“.
Das könnte passen, mit mulmigem Gefühl nahmen wir gleich Kontakt mit der Autobahnpolizei auf, diese konnte für den Augenblick Entwarnung geben.
Zwei Beamte waren schon vor Ort, konnten aber keinen Hund sehen. Somit hatte er es wohl wieder runter geschafft.
Puhh ?, aber das war auch etwa 7km vom Zuhause entfernt und unsere Hoffnung, dass er dann dahin zurückkommen könnte, schwand.
Leider bestätigten das auch die Bilder unserer Livekameras, die in dieser Nacht nichts an uns sendeten. ??
Sichtungen kamen zwar so langsam rein, aber die meisten lagen zurück und waren unmittelbar nach dem Entlaufen selbst gewesen.
Erst am Donnerstagnachmittag kam die erste Meldung über die Polizei, dass ihn Fußgänger auf einem Grillplatz gesehen haben.
Nun überschlugen sich auch gleich die Anrufe und wir bekamen sehr viele Meldungen.
Die letzte, dass er wohl an einer Zufahrt des dort liegenden Flugplatzes „Baden Airpark“ gesehen wurde und er von Passanten immer wieder versucht wird einzufangen, das schlimmste was uns bei einer Sicherung eines Angsthundes passieren kann!
Verena und Manuel entschieden vor Ort zu gehen um weiteres Einfangversuche zu verhindern und tatsächlich, auch sie bekamen ihn vor Ort zu sehen.
Sie positionierten sich in weitem Abstand im Auto um sofort eingreifen zu können wenn wieder versucht wird ihn einzufangen.
Dann gab es einen Anruf, dass er wohl auf einem eingezäunten Firmengelände wäre und dort sich das Futter von Freigängerkatzen schmecken lässt.
Die beiden versuchten die Erlaubnis zu erhalten das Gelände betreten zu dürfen und das Tor zu schließen.
Allerdings beim vorsichtigen Annähern war schnell klar, diesem kleinen Wiesel ist so nicht beizukommen und er fand in Windeseile auch ein Loch wo er das Gelände verlassen konnte ?.
Jetzt setzen wir erst mal wieder alles auf den Entlaufort, da die Richtung tendenziell schon die Richtige war dort hin zurückzukommen.
Noch während dort alles für sein Kommen gerichtet wurde, erhielt Manuel einen anonymen Anruf: „Der Hund ist auf dem Rollfeld des Flughafens“ und ehe man weiteres erfragen konnte war die Verbindung plötzlich weg.
So schnell es ging fuhren die beiden los zu einem Polizeiposten auf dem Flughafen um es dort zu melden.
Mit viel Bauchweh betrat Manuel die Wache, da man ja nie wissen kann, wie Beamte in solch einer Gefahrensituation reagieren und handeln müssen. Glücklicherweise trafen sie hier auf super nette und verständnisvolle Beamte.
Diese schlossen es aber zunächst völlig aus, da es sich hier um einen Hochsicherheitsbereich handelt, der mit einem 2,5m hohen Zaun mit Stacheldraht gekrönt ist und sogar im Erdreich weiter geht, um Füchse davon abzuhalten auf das Gelände zu kommen.
Aber nach einem Anruf beim Tower wurde schnell klar, unser Ausbrecherkönig hatte es wohl wieder geschafft, ein fast unmögliches Hindernis zu überwinden. ???
Uns stockte erst mal allen der Atem.
Zum großen Glück war wegen Corona sehr wenig Flugverkehr und die Beamten beschlossen sofort mit einem von uns aufs Rollfeld zu fahren.
Schnell war allerdings klar, dass wir auf dieser großen Fläche und bei einsetzender Dunkelheit keine Chance haben und auch der Hund es schwer haben wird, hier wieder rauszukommen.
An diesem Abend sollte zum Glück nur noch eine Maschine starten. Wir erhielten doch tatsächlich von der Polizei die Genehmigung, da hier massive Gefahr in Verzug ist, auf dem Gelände im Sicherheitsbereich, neben dem Rollfeld, für diese Nacht unsere Lebendfalle zu stellen.
Wahnsinn ??, aber diese war noch bei mir in Jockgrim, ich beim Arbeiten ? und der Hänger noch in Landstuhl bei Henry ?.
Auch Ankis Auto war gerade kaputt und es kam alles zusammen.
Manuel entschied, die Falle in Jockgrim abzuholen, da wir hier keine Zeit verlieren dürfen und sie alleine zu stellen, da es ohnehin nur möglich ist, mit einer Person und den Beamten in den Sicherheitsbereich zu fahren.
Jetzt mussten sie erst mal zurück nach Bühl, Auto tauschen und neues Leberwurstwasser richten.
Ich weiß zwar nicht, wie sie den 12 L-Kanister hätten in den Zippbeutel bekommen wollen um durch die Kontrolle zu kommen ???.
Denn hier herrschen die gleichen Sicherheitsbestimmungen und Personenkontrollen wie wenn man in Urlaub fliegen möchte. Es wäre auch nur möglich gewesen, begleitet und unter Aufsicht einer Polizeieskorte, überhaupt in diesen Sicherheitsbereich einfahren zu können.
Vor allem stellte ich mir bildlich vor, wie Manuel auf dem Rollfeld mit dem E-Roller und Lerberwurstwasser bewaffnet , schleppen zieht ????.
Gerade als sie mir schrieben sie wollen losfahren, kam die Meldung von der Polizei, dass er wohl wieder außerhalb gesehen wurde, er hatte es wohl wiedermal geschafft einen Zaun zu überwinden.
Da es inzwischen aber schon Nacht war und wir davon ausgehen mussten, dass wir ihn zu sehr stören würden, wenn wir jetzt die Falle irgendwo aufstellen, entschieden wir die Nacht abzuwarten.
Diese Aufregung gerade verdaut und alle wieder zuhause, kam die nächste Schreckensmeldung ??.
Passanten versuchten mit 2 Autos und Netzen bewaffnet auf eigene Faust Zayan einzufangen. Und davon ließen sie sich dabei auch durch nichts abbringen.
Wir versuchten das ganze sogar durch die Polizei stoppen zu lassen, aber auch diesen fehlte leider die Handhabe und sie konnten es so nur mit Worten versuchen das ganze zu stoppen.
Wie lange die Hetzjagd noch dauerte wissen wir nicht genau, aber jetzt waren für uns alle Hoffnungen dahin, dass wir Zayan so schnell bekommen würden.
So kam es auch, der Rest der Nacht war still.
Doch tatsächlich um 5 Uhr morgens schlugen unsere Kameras Alarm, Zayan kam in seinen Auslauf, und ließ sich sein Futter schmecken, er ging sogar ins Gebäude, wo wir die Spur in seine „Zelle“ gelegt hatten ??.
Wir verständigten sofort unsere Helferin vor Ort, um die Türen zu schließen. Aber nicht mit Zayan, dafür war er zu clever. Nachdem er sich satt gegessen hatte, ging er wieder schnell zurück nach draußen.
Jetzt war klar, die Falle muss her.
Manuel meinte aber, wir sollen doch versuchen zweigleisig zu fahren und zusätzlich zur Lebendfalle auch unsere niegelnagelneue Fallentüre zum Einsatz bringen und diese am Eingang des Gebäudes installieren.
Aber wir bekommen das gar nicht alles auf meinen Hänger, zum Glück hat mir mein Freund und Automechaniker Walter ?von der Firma @Frick Automobile ohne zu zögern sofort einen zweiten Hänger zur Verfügung gestellt und so konnten Anki und ich mit zwei Fahrzeugen losfahren.
Vor Ort ging alles Hand in Hand.
Manuel installierte die Tür, ich und Anki die Falle und Verena kochte was Leckeres zum Bestücken.
Sie kochte gut – sehr gut – vielleicht zu gut – denn das wurde eine unruhige Nacht. ?
Wir hatten eine Katze und einen Fuchs nach dem anderen vor der Falle und im Auslauf, es war nicht mehr schön.
Mussten wir doch jedes mal durch lautes Rufen über unsere Gegensprecheinrichtung versuchen die Tiere zu vertreiben, dies gelang auch recht gut, war aber schlafzehrend.
Auf einmal kam aber ein Fuchs, den unser rufen nicht im geringsten zu interessieren schien.
Als wäre er taub oder vom leckeren Essen so sehr betört, dass er alles um sich herum ausgeschalten hatte, ging er schnurstracks in die Falle. Tür zu, Fuchs drin ?, Manuel und Verena fuhren gleich los.
Ich war gerade arbeiten und hatte Pause, als ich tatenlos zusehen musste, wie der Fuchs in meiner Falle randalierte und alles versuchte auseinander zu nehmen, was er zwischen seine Zähne bekam.
Als die beiden ankamen, sahen sie neben Meister Reineke, den sie gleich frei ließen, auch das ganze Ausmaß des Schadens.
Die Kamera ? in der Falle und der Fallenmelder waren zerstört, sogar das fingerdicke Kabel, das zum Fallenakku geht und für Strom sorgt, war zweifach völlig durchtrennt.
Ich hätte heulen können.
Und so war die Falle auch nicht mehr einsatzbereit für Zayan.
Zum Glück wurden zwei Beamte von der Polizeihundestaffel auf das Spektakel an der Falle ebenfalls aufmerksam und sie konnten Manuel mit Schraubenzieher und Taschenmesser aushelfen ??.
So gelang es ihm, wenigstens notdürftig, das Kabel zu flicken und die Falle wieder einsatzbereit zu machen.
Aber natürlich kam er in dieser Nacht nicht und am nächsten morgen bekamen wir die Meldung, dass er wohl etwa 6km weiter in einem Garten sein Nachtquartier aufgeschlagen hatte.
Dort richteten Verena und Manuel dann eine Futterstelle mit Kameraüberwachung ein.
Wir hatten schon die Befürchtung, dass er eventuell nicht mehr an sein Zuhause zurückkommt und wir die Falle am nächsten Tag umstellen müssen. Tagsüber keinerlei Sichtung von Zayan. ?
Am gleichen Abend dann die große Freude: Um 21:17 Zayan war auf der ersten Kamera und dann auf der Zweiten, die Futterspur schien ihm zu schmecken.
Er ging auch ins Haus in seine „Zelle“ und zack schnappte unsere Fallentür am Hauseingang zu. Uns allen liefen die Freudentränen und wir konnte es kaum fassen.
Bäääääähhhhmmm die erste ???
Aber wir hatten die Rechnung ohne Zayan gemacht.
Der verleibte sich erst mal in aller Ruhe alles ein was an Fressen da war, während wir versuchten so schnell es ging vor Ort zu kommen.
Aber dann, (dazu müsst ihr euch das Video anschauen) ich interpretiere es jetzt mal so: „Zayan geht zur Tür und checkt diese kurz ab, gerade so als wolle er das Typschild finden um zu sehen um welches Modell es sich handelt und wo dessen Schwachstellen sind, und dann legte er los.
Tatsächlich hatte sich im unteren Bereich durch den Aufprall der Tür eine Schraube gelöst und zielsicher setzte er auch genau an dieser Stelle an. Er begann die wirklich schwere und massive Tür mit all seiner Kraft zu sich zu ziehen um sich galant wie ein Schlangenkünstler dahinter ins Freie durch zu winden.
Und zur Krönung haut er nicht mal panisch ab, wie wir das erwartet hätten – nein er kommt zurück und schaut sich stolz nochmal sein Werk an.
Ich glaube hätte er Finger gehabt hätte er uns den mittleren davon gerne gezeigt. ??
Erst dann verschwand er in der schwarzen Nacht.
Auch Manuel und Verena schüttelten den Kopf als sie ankamen und sahen wie er das gemacht hat. Aber jetzt war auch Manuel angefressen und verstärkte die Konstruktion mit allem was ihm in die Finger kam. Schirmständer, Europalette, Gasflasche und Dachlatten. ?
Ich glaub das war jetzt was Persönliches zwischen den Beiden ??
Hundemüde und etwas demotiviert vielen die beiden zuhause ins Bett, denn ganz ehrlich – Hoffnung hatte keiner so recht, dass er noch mal zurückkommen würde.
Aaaaaber, in der Lebendfalle vor dem Gelände wartete ja noch der zweite Gang von Zayans Menü auf ihn und so geschah es tatsächlich, dass er es in der gleichen Nacht, exakt 4 Stunden später um 1:17 diesmal an der Falle versuchte. Zack ein zweites Mal fiel eine Tür zu ?,aber dieses Mal saßen wir am deutlich längeren Hebel.
Hier war kein Ausbruch mehr möglich aber wieder hieß es losfahren ??.
Als kleine Revanche gab der kleine….. dann meiner ohnehin schon lädierten Kamera und dem Fallenmelder den Rest und klemmte noch fachhündisch einen Sicherheitsschalter ab ??
Aber wichtig ist, wir haben ihn und er ist jetzt sicher verwahrt und sieht seiner Resozialisierung in der Gesellschaft entgegen.
Und wenn man ihn jetzt so in seinem Körbchen liegen sieht… wer hätte ihm das zugetraut. Schlaf gut, du kleiner Ausbruchskönig.
Ein großen Dank möchten wir hier an dieser Stelle , der Polizei und der Hundestaffel vom Flughafen sagen.
Wahnsinn wie sehr sie uns unterstützt haben ♥️